Liebe Seniorin, lieber Senior,
haben Sie das Frühlingsgedicht „Er ist´s“ von Mörike jetzt sicher im Kopf verankert? Das geht natürlich nur mit Wiederholung – die Abstände dabei sollten immer ein wenig länger werden.
Dieses ist der 25. Blog zum Thema Gedächtnistraining. Nach einer kleinen Urlaubspause bis Ende April geht es wieder los in der ersten Maiwoche, genau gesagt: am 5. Mai 2017.
Mit einer kleinen Änderung können Sie anschließend sicher leben: Die Beiträge erscheinen dann alle 14 Tage. Also haben Sie zwei ganze Wochen, um in Ruhe zu üben und zu trainieren und vor allem: zu wiederholen.
Unser Gehirn kann zaubern: Es fügt hinzu und lässt weg!
Heute biete ich Ihnen etwas zur „Veränderungsblindheit“ an. In Blog 11 habe ich Ihnen erzählt, dass unser Gehirn manchmal etwas hinzuerfindet oder weglässt – ganz wie es ihm in den Kram passt. Das war in der Steinzeit wesentlich: Ein kleines Stück von einem Säbelzahntiger ergab im Gehirn das ganze Tier – Leben war gerettet! Andersherum wurden Millionen hübscher kleiner Blümchen von den Jägern völlig ignoriert (männlicher Tunnelblick, manchmal heute noch beim Suchen nach Marmelade im Kühlschrank sichtbar!) – Pflanzen waren ja nicht von Interesse noch irgendwie gefährlich. Die Frauen hingegen interessierten sich natürlich für die Pflanzen als Nahrungsmittel, sie entwickelten daher den nah- intensiven Rundumblick.
Auch heute noch ergänzt unser Gehirn oder lässt weg, wie es ihm in den Kram passt, nämlich je nachdem, wie sinnvoll es ihm erscheint. Testen Sie sich!
Auf geht`s und viel Spaß!
Entschuldigung, dass ich Sie hier duzen musste – aber der Text war so. Haben Sie eigentlich etwas bemerkt? Wenn nein – wunderbar. Ihr Gehirn hat das überflüssige DAS einfach ausgeblendet. Das ist bei den meisten Menschen so. Ich finde das verblüffend.
Hierzu ein interessantes Experiment der Harvard Professoren Daniel Simons und Christopher Chambris an der Universität Il- linois: Studenten bekamen eine kurze Basketballsequenz per Film vorgeführt und dazu die Aufgabe, den Ballbesitz der weiß gekleideten Mannschaft zu zählen. Mitten durch das Spielfeld lief dann ein Gorilla. Dieser wurde von den meisten Testteilnehmern nicht wahrgenommen. Fokussiert auf die Zähl-Aufgabe blieb dabei die Aufmerksamkeit gebündelt, sie konnte nicht schweifen und nahm daher nur selektiv wahr.
Wo liegt nun der praktische Wert dieser Gehirnfunktion, habe ich mich gefragt. Im Alltag ermöglicht uns diese Fähigkeit z.B. auch dann sinnvolle Sätze zu lesen, wenn ein Text lückenhaft ist:
„We kmmtes,dassSedisenStzlsenkönn?“
Wir lesen nicht das, was hier steht, sondern ergänzen bzw. inter- pretieren diesen Satz automatisch so, wie es sinnvoll zu sein scheint (Wie kommt es, dass Sie diesen Satz lesen können?). Das haben Sie selbst schon erlebt, wenn ein von Ihnen hundertmal gelesener Text doch noch Fehler enthielt, die jemand anderes mühelos entdeckte.
Hat Ihr Hirn artig seinen Job gemacht und den Text reduziert? Finde denn Fehler. Und: Kannst du du den Fehler finden? Allerdings: Nach dem 3. Mal schaut man schon mal genauer… Wir machen diese Art Ergänzung den ganzen Tag. Wir sehen nur einen Rücken und wissen:Aha, Frau Bockmann! Wir ergänzen und lassen weg, weil unser Gehirn seit seinem ersten Lebenstag Spurmuster sammelt und Schablonen aufbaut. Und das ist sehr sinnvoll, aber eben auch sehr individuell. Kein Hirn auf der ganzen weiten Welt gleicht einem anderen. Daher ist Kommunikation manchmal so schwer und wir denken: Warum versteht er/sie das nicht?
Versuchen Sie jetzt bitte diesen Text. Ihr Gehirn schafft das! Anfangs- und Endbuchstaben sind an der korrekten Stelle, der Rest ist durcheinander – und es geht doch!
Noch ein Text: Buchstaben werden durch Zahlen mit Ähnlichkeitswert ersetzt.
Eine schöne Zeit für Sie!
Corinna Reinke, Autorin des Buches “Frühling im Kopf”
https://senioren-muenster.de/woher-kommt-die-frische-brise/
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