Einmal im Jahr, an einem Tag im Mai, wird auf dem Prinzipalmarkt in Münster ein roter Teppich von circa 500 m² ausgerollt und eine weißgedeckte, 100 Meter lange Festtafel aufgestellt, die sicher auch im Guinness-Buch der Rekorde eine gute Chance hätte.
Dicht gedrängt auf Bänken sitzen Münsteraner und Touristen, um sich von gut gelaunten Inhabern beziehungsweise den Chefs der umliegenden Geschäfte höchst persönlich mit belegten Schnittchen (Schinken, Zwiebelmett, Käse) verwöhnen zu lassen. Swing-, Jazz- und Kaffeehausmusik untermalen diese fröhliche Veranstaltung.
An diesem Tag begehen die Mitgliedsstädte – also auch Münster – den „Tag der internationalen Hanse“ mit dem „Hansemahl“
Das Wort „Hanse“ stammt aus dem althochdeutschen „Cohorte“ und bedeutet eigentlich „Gruppe“. Gemeinsam zeigen Münster und seine Kaufleute mit dieser symbolischen Geste die Zugehörigkeit zu ihrer Stadt des Handels und der Dienstleistungen. Zusätzlich zu diesem Festtag gibt es besondere Ausstellungen, die sich auf die Hanse beziehen, sowie Stadtführungen, und die Geschäfte locken mit attraktiven Angeboten zum Shoppen. Das „Hansemahl“ ist verständlicherweise äußerst beliebt; jeder möchte gerne dabei sein. Wer sich nicht rechtzeitig einen Platz an der riesigen Tafel sichern konnte, wartet geduldig, bis endlich jemand aufsteht und seinen Sitz freigibt. Wie in einer großen Familie kommt man miteinander ins Gespräch und genießt die Atmosphäre.
Zur Geschichte
Ein genaues Gründungsdatum für die Hanse ist nicht überliefert; es handelte sich wohl zunächst nur um einen losen Zusammenschluss von Handeltreibenden, bis im Jahre 1143 Lübeck die Initiative ergriff und die Vereinigung offiziell machte. Man vermutet, dass auch Heinrich der Löwe (1129 – 1195), ein großer Freund der Kaufleute, maßgeblich an der Entstehung beteiligt war. Die Stadt Münster trat etwa um 1360 bei. Die historische Vereinigung endete 1669; seit der Neugründung 1980 in Zwolle in den Niederlanden ist die Hanse die weltweit größte freiwillige Städte-Gemeinschaft. Sie umfasst 192 Städte in 16 Ländern, 27 allein in Deutschland.
Die Salzstraße als Denkmal
Die Salzstraße, Münsters ältester Handelsweg, hält für aufmerksamen Passanten eine besondere Sehenswürdigkeit bereit: vom Lambertibrunnen bis zur Klosterstraße beim Stadtmuseum sind 40 normale Steine in das Pflaster eingelassen. 1993, anlässlich des 13. Hansetages der Neuzeit und des Stadtjubiläums „1200 Jahre Münster“ überbrachten die Bürgermeister befreundeter Hansestädte diese originalen Steine. Münster ließ sie jeweils mit einem Bronzering versehen, der neben Wappen und Namen der Stadt, aus welcher er stammt, auch den Prägedruck „Münster“ aufweist. Mit dieser ungewöhnlichen Idee haben die Münsteraner ein Denkmal, das sie zwar „mit Füßen treten“ können, das sie aber auch daran erinnert, in einer Hansestadt mit freier weitreichendem, internationalem Netzwerk zu leben.
Mit dem jährlichen populären „Hansemahl“ wird dieses Bewusstsein auf eindrucksvolle Weise wach gehalten.
Ingeborg Ollmann
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